Auszüge aus "Romeo und Julia" op. 64

Wie schwer sich die Tänzer taten, die 1940 Prokofjews berühmtestes Ballett am Leningrader Kirow-Theater herausbringen sollten, kann man in den Erinnerungen von Galina Ulanowa, der ersten russischen Julia, nachlesen: "Die Proben waren in vollem Gange, und immer noch störte uns die eigenartige Instrumentierung, ihr kammermusikalischer Charakter. Auch der fortwährend wechselnde Rhythmus war hinderlich und bereitete uns unzählige tänzerische Schwierigkeiten. Mit einem Wort, wir waren solche Musik nicht gewohnt, hatten geradezu Angst vor ihr..." Heute, nachdem Prokofjews Ballett in allen Opernhäusern getanzt wird, ist kaum mehr vorstellbar, dass die beiden ersten Konzertsuiten noch vor jeder (Ur-) Aufführung entstanden, um im Konzertsaal für die allseits geschmähte Musik und ihre "Ballettfähigkeit" zu werben. Denn in "Romeo und Julia" fokussieren alle Eigenschaften von Prokofjews Kompositionskunst: Motorische Aggressivität und melodischer Reichtum, brutale Klangentladung und kammermusikalische Intimität.