Am 8. Mai 2025 feiert Europa den 80. Jahrestag der Befreiung vom nationalsozialistischen Terror. Diesem Ereignis widmen die Münchner Philharmoniker vier Konzertprogramme zwischen dem 12. April und 8. Mai 2025. Dass Musik in schweren und schwersten Zeiten Kraft- und Hoffnungsquelle ist, belegen viele Beispiele. Leider auch, dass Musik missbraucht werden kann.
KOMPONIEREN IM TOTALITÄREN SYSTEM
Dmitrij Schostakowitsch steht als Komponist genau an dieser Schnittstelle zwischen Musik und Macht. Seine Achte Symphonie steht meist im Schatten der triumphalen Siebten »Leningrader« Symphonie — dabei wird sie von vielen als das persönlichere Werk des vom stalinistischen Regime gepeinigten Komponisten verstanden. Sie sei dem menschlichen Leid jedes einzelnen Individuums gewidmet. Dieses ergreifende und erschütternde Werk bildet den Auftakt zu diesem Programmschwerpunkt.
UNVERGESSENES LEID UND HOFFNUNG AUF FRIEDEN
Das zweite Programm steht in der Osterwoche ganz im Zeichen der Hoffnung. Darunter mit Frank Martins »In terra pax« jenes Werk, das am 7. Mai 1945, am Tag der Einstellung aller Kampfhandlungen, vom Schweizer Rundfunk aufgeführt und als Botschaft der Hoffnung auf eine friedvollere Zukunft in die Welt gesendet wurde. Mit dem Angriff auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Unter der Leitung von KRZYSZTOF URBAŃSKI erklingt ein Programm, das die polnische Musiktradition von der Folklore bis in die Neuzeit abbildet und mit Henryk Góreckis »Symphonie der Klagelieder« eines der ungewöhnlichsten und bewegendsten Werke der polnischen Nachkriegsmoderne beinhaltet.
GEMEINSAM FÜR TOLERANZ UND VERSÖHNUNG
Den Abschluss und Höhepunkt bildet ein besonderes Projekt, das die Münchner Philharmoniker gemeinsam mit dem ISRAEL PHILHARMONIC ORCHESTRA gestalten: Ein aus Musikerinnen und Musikern beider Klangkörper zusammengesetztes Orchester unter der Leitung des designierten (und in Tel Aviv amtierenden) Chefdirigenten LAHAV SHANI wird Mahlers Sechste Symphonie zur Aufführung bringen. Mahlers mit Schicksalsschlägen assoziierte Symphonie wurde von seiner Frau Alma Mahler als dessen »persönlichste« beschrieben. Zeit seines Lebens war Gustav Mahler immer wieder antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Die enge Verbindung Mahlers zu den Münchner Philharmonikern ist durch zahlreiche gemeinsame Konzerte, Uraufführungen und Korrespondenz belegt. Dass er auch beim Israel Philharmonic seit langem zum Kernrepertoire gehört, ist vor allem Leonard Bernstein und Zubin Mehta zu verdanken. Das Abschlusskonzert dieses Programmschwerpunkts am Jahrestag der Befreiung vom NS-Terror setzt auch ein hoffnungsvolles Zeichen für die Fortsetzung einer bemerkenswerten Versöhnungsgeschichte in den deutsch-jüdischen Beziehungen.