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Henryk Mikołaj Górecki: Symphonie Nr. 3 für Sopran und Orchester op. 36 »Symphonie der Klagelieder«

Vom Avantgardisten zum Mystiker – so lässt sich Henryk Góreckis künstlerische Entwicklung von seinen kompositorischen Anfängen bis zur Dritten Symphonie in wenigen Worten zusammenfassen. Seine ersten Werke, mit denen er Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre an die Öffentlichkeit trat, orientierten sich in ihrer eruptiven Art am Serialismus eines Karlheinz Stockhausens oder Pierre Boulez‘.»Ich bin in Schlesien geboren...«, sagte Górecki einmal in einem Interview. »Es ist ein altes polnisches Land. Aber es waren immer drei Kulturen präsent: Polen, Tschechen und Deutsche. Die Volkskunst, die ganze Kunst, hatte keine Grenzen. Die polnische Kultur ist eine wunderbare Mischung. Wenn man sich die Geschichte Polens anschaut, ist es gerade der Multikulturalismus, die Anwesenheit der so genannten Minderheiten, die Polen zu dem gemacht haben, was es war. Der kulturelle Reichtum, die Vielfalt vermischte sich und schuf ein neues Gebilde.« Die Auseinandersetzung mit der Musiktradition Polens und sein katholischer Glauben prägten im Laufe der Jahre immer stärker seine Klangsprache.

Auf der Suche nach geeigneten Texten für seine 3. Symphonie (ein Auftragswerk des Südwestfunk Baden-Baden), entdeckte er ein Buch über die Besetzung der Nazis im Zweiten Weltkrieg und das Gestapo-Gefängnis Zakopane im Süden Polens, im Hochlandgebiet der Hohen Tatra. In dem Buch waren Botschaften abgedruckt, die die Inhaftierten in ihre Zellenwände geritzt hatten. Die Notiz der zur Zeit ihrer Gefangenschaft 18-jährigen Helena Wanda Błażusiakówna berührte Górecki in ihrer Schlichtheit zutiefst: »Nein, Mutter, weine nicht, unbefleckte Himmelskönigin steh mir allzeit bei. Zdrowaś Mario (= Beginn des polnischen »Ave Maria«; A.d.R.)«. Insgesamt drei Texte aus ganz unterschiedlichen Epochen der polnischen Geschichte, die allesamt Zeugnis von den Traumata des Landes geben, bilden den Inhalt seiner 3. Symphonie.

Górecki hat mit seiner 3. Symphonie ein Unikat geschaffen, doch die Uraufführung 1977 wurde zum Fiasko. Ihren eigentlichen Durchbruch erlebte das Werk erst 1992 mit der legendären Einspielung der London Sinfonietta unter David Zinman und mit der Sopranistin Dawn Upshaw als Solistin. Góreckis Werk katapultierte sich in die anglo-amerikanischen Pop-Charts – und wurde endgültig zum Kultstück. Die pulsierenden, mystischen Klänge erwiesen sich zudem immer wieder als ideale Grundlage für Filmmusik.

 

Autorin: Nicole Restle

Henryk Mikołaj Górecki

Vom Avantgardisten zum Mystiker – so lässt sich Henryk Góreckis (geboren 1933 in Czernica, Polen) künstlerische Entwicklung von seinen kompositorischen Anfängen bis zur Dritten Symphonie in wenigen Worten zusammenfassen. Seine ersten Werke, mit denen…

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