Als Maurice Ravel 1919 von Sergej Diaghilew, dem Gründer der berühmten »Ballets russes«, einen Kompositionsauftrag zu einem Ballett erhielt, griff er auf eine Idee zurück, die bereits über 14 Jahre alt war. In einem Brief an den Musikkritiker Jean Marnold hatte Ravel 1906 seinen Plan erläutert, unter dem Titel »Wien« einen Walzer als eine Art »Hommage an den großen Strauß, nicht Richard, sondern den anderen, Johann« zu komponieren. Wie detailliert sich Ravel seine »Apotheose des Wiener Walzers« vorstellte, verdeutlicht das in der Partitur abgedruckte Programm: »Flüchtig lassen sich durch schwebende Nebelschleier hindurch walzertanzende Paare erkennen. Nach und nach lösen sich die Schleier auf: man erblickt einen riesigen Saal mit zahllosen im Kreise wirbelnden Menschen. Die Szene erhellt sich zunehmend; plötzlich erstrahlen die Kronleuchter in hellem Glanz. Eine kaiserliche Residenz um 1855.« Von dem ursprünglichen Titel »Wien« musste Ravel abrücken – im Nachkriegs-Frankreich erschien ein neutral mit »La Valse« überschriebenes Werk angemessener. Und auch die nostalgisch verklärte Darstellung, wie sie Ravel im Vorwort der Partitur beschrieb, führt auf falsche Pfade. Denn schon zu Beginn des Werks gibt es zahlreiche Vorahnungen einer unheilvollen Wendung. Unter dem Tanzboden scheint es zu brodeln. Darüber lässt Ravel, wie bei einem Blick durch ein Kaleidoskop, kurze Walzermotive aufblitzen, die sich zu eleganten Melodien verdichten. Doch nach einem Höhepunkt schlägt die Walzerseligkeit ins Negative um. Der Tanzboden klafft auf, die Rhythmen und Harmonien verzerren sich und entwickeln einen unheimlichen Wirbel, der alles mit sich in den Untergang reißt. Als Ravel »La Valse« seinem Auftraggeber Diaghilew am Klavier vorspielte, urteilte dieser: »Ravel, das ist ein Meisterwerk, aber es ist kein Ballett. Es ist das Portrait [...], das Gemälde eines Balletts!« Zu einer choreographischen Umsetzung mit den »Ballets russes« kam es daraufhin nicht mehr, doch im Konzertsaal sorgte »La Valse« von Anfang an für Furore.
Maurice Ravel wurde am 07. März 1875 in Ciboure, Basses-Pyrénées, geboren. 1897 trat Ravel in die Kompositionsklasse von Gabriel Fauré ein, daneben studierte er Kontrapunkt, Fuge und Orchestration bei André Gedalge.
Gemessen an der Zahl der…
Zu Maurice Ravel