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Louise Farrenc

Dass komponierende Frauen schon im 19. Jahrhundert durchaus ihren Weg gehen konnten, wenn man sie nur machen ließ, beweist die Vita der französischen Komponistin Louise Farrenc, die 1804 in Paris zur Welt kam. Dass sie nicht in bildungsbürgerlichen Kreisen aufwuchs, sondern umgeben von Kunst und Künstlern, hat ihr Selbstverständnis zweifellos von Kindheit an geprägt. Der Vater war ein angesehener Bildhauer und lebte mit der Familie in einer Künstlersiedlung an der Sorbonne, wo die Revolutionsprinzipien »Liberté, Egalité, Fraternité« den Ton angaben und wo ein vielseitiger Input an Bildung, Kultur und wechselseitigem Austausch den Umgang prägte. Ein Umfeld, in dem es überhaupt keine Rolle spielte, dass die lustige kleine Louise ein Mädchen war! Schon sechsjährig erhielt sie ihre ersten Klavier- und Solfège-Stunden und ab dem 15. Lebensjahr Harmonielehre-Unterricht beim angesehenen Conservatoire- Professor Anton Reicha. Offiziell studieren durfte sie dort als Frau zwar nicht, doch der Privatunterricht scheint dies mehr als aufgewogen zu haben. Und an künstlerischer Inspiration fehlte es in Paris ohnehin nicht. Ein weiteres Glück für Louise: Als sie mit gerade einmal 17 Jahren den Flötisten und Musikverleger Aristide Farrenc heiratete, verbannte dieser sie keineswegs an den heimischen Herd, sondern förderte das künstlerische Tun und Talent seiner Frau sogar noch verstärkt. So wurde das Studium bei Reicha um Kontrapunkt, Fuge und Instrumentation ergänzt; Klavierunterricht bekam Louise jetzt bei Johann Nepomuk Hummel und Ignaz Moscheles – absolute Größen ihrer Zeit, die den künstlerischen Horizont der jungen Frau enorm geweitet haben dürften. Ab 1825 nahm Aristide Farrenc dann auch Kompositionen seiner Frau ins Verlagsprogramm auf und legte so die Basis für eine beträchtliche Verbreitung ihrer Werke. Begonnen hatte Louise Farrenc bereits früh mit salontauglicher Klaviermusik (Variationen über populäre Opernmelodien geben hier den Ton an!) und mit kleinen romantischen Liedern, doch bald schon rückte anspruchsvolle Kammermusik bis hin zum Nonett in farbenreicher Streicherund Bläserkombination in den Fokus ihres Schaffens. Die beiden Ouvertüren waren es schließlich, die 1834 Farrencs Horizont aufs große Orchester weiteten; in den 1840er-Jahren folgten drei Symphonien, von denen die Uraufführung der »Dritten« 1849 mit dem Orchester des Pariser Conservatoire den Höhepunkt ihrer Karriere als Komponistin markiert. Mit dem Tod der einzigen, pianistisch ebenfalls hochbegabten Tochter Victorine im Jahr 1859 verstummte jedoch das kreative Schaffen Louise Farrencs, die sich fortan ausschließlich verlegerischen Arbeiten sowie ihrer anerkannten (und nach mehreren ebenso mutigen wie selbstbewussten Eingaben endlich auch angemessen bezahlten!) Professur am Conservatoire widmete.

 

Autorin: Kerstin Klaholz