Die 100. Geburtstag von Luciano Berio und Hans Werner Henz: Zwei Meister der Moderne
Wie genau kennen wir eigentlich die Musik des vorigen, also des 20. Jahrhunderts? Hand aufs Herz: Auch von berühmten Werken sind uns manchmal nur die Titel bekannt. Umso schöner ist es, sie im Konzert selbst entdecken zu können. Und wenn dabei auch noch Vorurteile ausgehebelt werden können, umso besser.
Er habe schon oft Musik gehört und sich gefragt, »warum der Komponist Töne für seine Manipulation ausgewählt hat und nicht Eier, Hemdenknöpfe, eine Reise nach Venedig, Horoskope oder Coca-Cola-Flaschen«: Ausgerechnet Luciano Berio war es, der da einmal so ironisch streng mit manchen Vertretern seiner Zunft ins Gericht ging. Und Hans Werner Henze hatte zeitlebens Probleme mit den ausgetüftelten Glasperlenspielen der prononcierten Avantgarde. Beiden Komponisten war es eben immer auch um Verständlichkeit gegangen, um einen unmittelbaren Austausch mit dem Publikum. »Alles bewegt sich auf das Theater hin und kommt von dort her zurück«, hielt schon der junge Henze einmal fest. Das belegt die spontane Emotion in seiner Musik, Saft und Kraft. Und: Wer könnte schon etwas Neues finden, ohne genau zu wissen, was schon da war? Auch das gehört zur »Ambivalenz der Moderne«, wie sie der Philosoph Zygmunt Bauman beschrieben hat: als Epoche der unerreichbaren Ziele, der zurückweichenden Horizonte. Berio und Henze — beiden wären in der Saison 2025/26 hundert Jahre alt geworden, der Italiener und der Deutsche, den es nach Italien gezogen hatte, zwei Meister der Moderne, die das Moderne und deren »Danach« zum Klingen gebracht haben.