Verzweifelt stürzt Sergej Rachmaninow am 15. März 1897 aus dem Konzertsaal, in dem gerade seine Erste Symphonie uraufgeführt wurde. Auf der Flucht vor den Pfiffen und Buh-Rufen des Publikums irrt er ziellos durch die Straßen von St. Petersburg. Einige Tage später zementieren vernichtende Konzertkritiken das beispiellose Premieren-Fiasko: Ein Rezensent fühlte sich beim Hören der Musik an „die sieben Plagen von Ägypten“ erinnert und meint, Rachmaninow wäre ein produktiver Student eines Höllenkonservatoriums, wenn es denn so etwas gäbe. Der erfolgsverwöhnte Rachmaninow fällt in eine tiefe seelische und künstlerische Krise. Nach dreijähriger, von Depressionen und Selbstzweifeln geprägten Schaffenspause beginnt er schließlich eine Therapie bei dem renommierten Neurologen Nikolaj Dahl, der ihn mit Hypnose behandelt. „Ich hörte die gleichen hypnotischen Formeln Tag für Tag wiederholt, während ich schlafend in Dahls Behandlungszimmer lag. ,Du wirst dein Konzert schreiben… du wirst mit großer Leichtigkeit arbeiten… Das Konzert wird von exzellenter Qualität sein…’“ Die Therapie schlägt an, Rachmaninow komponiert sein Zweites Klavierkonzert und widmet es seinem Arzt Nikolaj Dahl. Mit acht anschwellenden Klavierakkorden, die Assoziationen an das regelmäßige Pendeln von Kirchenglocken wecken, läutet das Klavier den Anfang des Konzerts ein. Nachdem das Orchester effektvoll mit einem schwelgerischen Thema hinzutritt, sticht das Klavier nur selten solistisch heraus – Rachmaninow setzt ganz auf die Verschmelzung von Soloklavier und Orchester. Zum absoluten Publikumsliebling wurde der zweite Satz. Das ergreifende „Adagio sostenuto“ diente nicht nur als Soundtrack zu einer Verführungsszene im Filmklassiker „Das verflixte siebte Jahr“, sondern auch als Vorlage für den Song „All by Myself“ von Eric Carmen. Melodien zum Dahinschmelzen und pianistisches Feuerwerk vereint Rachmaninow im „Finale“ zu einem atemraubenden Höhepunkt des Konzerts – die letzte Tempobezeichnung lautet übrigens „risoluto“, die Krise ist überwunden.
Sergej Rachmaninow, einer der größten Pianisten aller Zeiten und einer der herausragendsten Melodiker unter den Komponisten, wurde am 20. März 1873 (1. April nach neuer Zeitrechnung) in Oneg bei Nowgorod als Sohn einer Musikerfamilie geboren. 1888…
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