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Dmitrij Schostakowitsch: Suite für Varieté-Orchester

Diejenigen, die Schostakowitsch als einen grimmig dreinblickenden Mann mit einer dicken Brille kennen, der lange, ernsthafte Symphonien und anspruchsvolle Streichquartette geschrieben hat, werden überrascht sein, wie Schostakowitsch auch klingen kann. Als Teenager verdiente Schostakowitsch sein erstes Geld im Kino, als Klavierbegleiter von Stummfilmen. Und auch später hat er zahlreiche Filmmusiken und »populäre« Stücke geschrieben, vor allem immer dann, wenn er beim Regime in Ungnade gefallen war und er sich so, auf unverfänglichem Terrain, seinen Lebensunterhalt verdiente.

In der Mitte der 1950er Jahre stellte Schostakowitsch aus verschiedenen seiner Tanz- und Filmmusiken eine Suite zusammen. Als diese Suite 1988 zum ersten Mal im Westen zur Aufführung kam, wurde sie als »Jazz-Suite Nr. 2« angekündigt. Fälschlicherweise hatte man angenommen, dass es sich bei dieser Folge von Tanzsätzen um die 1938 komponierte und in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren geglaubte Jazz-Suite Nr. 2 handelte. 1999 tauchte allerdings der Klavierauszug der ursprünglichen Jazz-Suite Nr. 2 auf, der Irrtum wurde korrigiert und das Werk heißt seitdem Suite für Varieté-Orchester. Da zahlreiche Einspielungen der Suite vor dieser Entdeckung entstanden, wird das Werk auf vielen CDs noch mit dem falschen Titel bezeichnet.

In ihrem Charakter weisen die acht Sätze der Suite stilistische Ähnlichkeiten mit Zirkus-oder Varieté-Musik auf, was durch das mit Saxophonen, Akkordeon und Gitarre erweiterte Orchester und den reichen Einsatz von Schlagwerk verstärkt wird. Außerdem haben Klavier (»Tanz Nr. 1«) und Xylophon (»Kleine Polka«) hervorgehobene Passagen. Besonders charmant sind die drei Walzer: Der »lyrische Walzer«, den Schostakowitsch selbst für ganz unterschiedliche Besetzungen arrangiert hatte, der »Walzer Nr.1«, aus dessen schmachtenden Geigenklängen Johann Strauß höchstpersönlich zu grüßen scheint, und der »Walzer Nr. 2«. Letzterer ist von allen Stücken der Suite wohl das bekannteste. Mit seiner Moll-seligen Melodie, prominent vorgestellt vom Alt-Saxophon, erhielt der »Walzer Nr. 2« Einzug in einige Filmmusiken, aber auch in Werbeclips, setzte sich in der Fassung von André Rieu fast zwei Jahre in den deutschen Albumcharts fest und wurde von Karel Gott mit »Sonntags im Park« besungen. Anfang und Ende der Suite markieren zwei fröhlich-schmissige Märsche aus dem Film »Die Abenteuer Korsinkinas« (1940), in dem eine pfiffige Theaterkassiererin einem schüchternen Künstler zum Bühnenerfolg verhilft.

Dmitrij Schostakowitsch

Geboren am 25. September 1906 in St. Petersburg, kam Schostakowitsch schon als Kind mit russischer und deutscher Musik in Berührung. Mit dreizehn Jahren begann er sein Studium (Klavier und Komposition) am Petrograder Konservatorium, das er 1925…

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