Nachdem Brahms nach 20-jähriger Vorbereitungszeit mit seiner "Ersten" die Hemmschwelle zur Symphonie überschritten hatte, folgte rasch die Zweite. Ein Jahr nur nach der Uraufführung der 1. Symphonie, im Dezember 1877, feierte er mit seiner den Beinamen "Pastorale" tragenden 2. Symphonie einen durchschlagenden Erfolg. Spiegelte sich in der 1. Symphonie zum Bedauern des Kritikerpapstes Eduard Hanslick "die Tragik faustischer Seelenkämpfe", so wurde an der 2. der heiter-frühlingshafte Charakter gelobt. Die idyllisch-heitere Atmosphäre des Werkes beruht zum einen auf dem von pastoralen Bläserstimmen geprägten Kolorit, den Ländleranklängen im 1. Satz und dem serenadenhaften Ton des 3. Satzes. Hinzu kommt ein ungewöhnlicher Reichtum an Melodien, die Brahms teils eigenen Werken entnimmt. So wird z.B. im ersten Satz eine Beziehung zum "Wiegenlied" ("Guten Abend, gut Nacht") hörbar und in der Coda klingt kurz das Lied "Es liebt sich so lieblich im Lenze" an. Doch die Idylle bleibt - wie könnte es Ende des 19. Jahrhunderts anders sein - nicht ungebrochen; in die Heiterkeit mischt sich ein unentrinnbar tragischer Tonfall. Posaunen- und Baßtubaakkorde - Klangsymbole des Bedrohlichen - trüben bereits die scheinbar friedvolle Grundstimmung des Anfangssatzes und das Unheilvolle zieht sich von da an als dialektischer Gegenpart des Idyllischen durch die gesamte Symphonie.
"Neue Bahnen" lautete der Titel eines enthusiastischen Aufsatzes in der "Neuen Zeitschrift für Musik", mit dem Robert Schumann Johannes Brahms (geboren am 7. Mai 1833 in Hamburg) der Musikwelt bekanntmachte. Von Schumann als Neuerer gelobt, wurde…
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